Der Mensch, das ist schon so eine komische Sache. Er unterwirft sich freiwillig irgendwelchen Systemen. Rente, Steuer, Kapitalismus. Aus jedem System hofft er, durch seine Unterwürfigkeit einen Gewinn zu erzielen. Bei der Rente zahlt er sein Leben lang in die gemeinsame Systemkasse und hofft, dass er den Zeitpunkt der Auszahlung noch erleben wird. Die Steuern zahlt er, weil er dafür Straßen gebaut bekommt, auch Schulen, und er darf die Steuereinnehmenden Politiker beschimpfen. Ein guter Deal also.
Womit wir beim Kapitalismus wären. Ich persönlich liebe ja extrem vereinfachende Darstellungen, und der Kapitalismus, extrem vereinfacht dargestellt, sollte folgendermaßen funktionieren. Ich habe / produziere etwas, und tausche / verkaufe es an jemand anderen. In der Theorie sollten dann beide einen Gewinn aus dem Handel ziehen und glücklich sein. Gewinn durch Partizipation am System.
Wenn man dann allerdings die Realität betrachtet, fragt man sich, wie der Mensch so bescheuert sein kann, und sich weiterhin freiwillig dem System Kapitalismus unterwirft. Nicht nur dass er mit Mitte 50 praktisch Gewaltsam aus diesem System verdrängt und in die gesellschaftliche Nutzlosigkeit verstoßen wird. Bei Lohnsenkungen, unbezahlter Mehrarbeit und immensen "Druck von Oben" erschließt sich selbst für den arbeitenden Teil der Nutzen aus dem Systemen nicht mehr vollends. Ehr im Gegenteil. Und noch viel schlimmer.
Das System macht krank,
obwohl die Krankenstände seit Jahren fallen. Stark zugenommen hat allerdings der
Anteil an psychischen Erkrankungen (Angsstörungen, Depressionen...), was folgenden Rückschluss zulässt: Man geht zwar mit Fieber zur Arbeit, aber es lässt einen nicht kalt, wenn man sieht, dass man in einem menschenverachtenden System schuftet. Das geht an die Substanz, psychische Krankheiten sind eine Folge dieses Systems.
Für welche anderen kranken Auswüchse das selbstgewählte System verantwortlich ist, zeigte auch ein
Inteview mit Prof. Dr. Dr. Fritz Sack bei telepolis
Er legt dar, dass die verschärfte und immer repressiver werdende Strafgesetzgebung eine logische Konsequenz aus dem gewählten wirtschaftlichen System sei. Ebenso rigoros wie Heuschrecken gegen die Mitarbeiter der von ihnen gekauften Unternehmen vorgehen, geht der Staat gegen Menschen vor, die sich seinen Regeln entziehen. Was man aktuell beobachten könne sei "Raubtierkapitalismus, angewand auf die Strafgesetzgebung"*.
Das System macht krank, nimmt, wie von Prof. Sack sehr schön beschrieben, sogar straffällig gewordenen Menschen die Chance auf Reintegration in die Gesellschaft. Dies sind zwar nur wenige, krasse Punkte, an denen man noch einmal genauer über das gewählte System nachdenken sollte, und da es noch unzählige weitere Dinge gibt, würde es vielleicht einmal Sinn machen, darüber nachzudenken, wie man diesen Entwicklungen Einhalt gebieten könnte. Denn wir befinden uns an einem Punkt, an dem das System eine Perversion seiner selbst ist. Der Mensch zieht nicht mehr den Nutzen aus dem System, sondern der Mensch nutzt dem System und hält somit ein System aufrecht, das dem Menschen schadet.
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*kein Wörtliches Zitat aus dem Interview. Zitat aus der Einleitung.
perfectcrime - 24. Jul, 12:09